Im Oktober 2021 erscheint erstmals ein umfangreiches und fundiertes Buch über die Haferkur, die bei Diabetes- und anderen Stoffwechselerkrankungen in der Therapie eingesetzt wird. Autor des Buchs „Die Haferkur für einen gesunden Stoffwechsel“ ist Dr. Winfried Keuthage. Hafer Die Alleskörner hat mit ihm gesprochen.
Dr. med. Winfried Keuthage ist Ernährungsmediziner und Diabetologe. Durch die Arbeit in seiner zertifizierten Schwerpunktpraxis für Ernährungsmedizin und Diabetes in Münster/Westfalen hat er täglich Erfahrungen mit Menschen, die an Stoffwechselerkrankungen leiden.
Mehrfach wurde er auf der Focus-Ärzteliste unter Deutschlands Top-Medizinern genannt. Seit Jahren lehrt er an der Fachhochschule Münster im Fachbereich Oecotrophologie und bildet angehende Ernährungswissenschaftler aus. Als langjähriges Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Ernährungsmediziner hat er sich maßgeblich für die Stärkung der Ernährungsmedizin in der ärztlichen Weiterbildung eingesetzt. Er hält regelmäßig Vorträge für Ärzte und Ärztinnen, Diabetesberater und -beraterinnen, Ernährungsfachkräfte und Patienten und Patientinnen. Er ist zudem Mitglied im Ausschuss Ernährung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und als solcher Co-Autor der aktuellen Leitlinien und Praxisempfehlungen zur Ernährung von Menschen mit Diabetes.
Herr Dr. Keuthage, Sie haben eine Schwerpunktpraxis für Diabetes und Ernährungsmedizin in Münster. Mit welchen Erkrankungen und Beschwerden kommen die Patient*innen zu Ihnen?
In der Praxis behandeln wir Patienten mit verschiedenen ernährungsbedingten Erkrankungen. Darunter sind Menschen mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes sowie Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes und PCO-Syndrom. Außerdem behandeln wir die Adipositas in unseren Sprechstunden und führen auch die Vor- und lebenslange Nachsorge bei gewichtsreduzierender Operation durch. Zu unserem Behandlungsspektrum gehören auch andere ernährungsmitbedingte Krankheitsbilder, zu denen beispielsweise Zöliakie und Nahrungsmittelunverträglichkeiten zählen.
Seit wann gibt es denn die Hafertage und wie lange werden diese schon in ihrer Praxis eingesetzt?
Die Hafertage wurden ursprünglich eher durch Zufall entdeckt. Carl von Noorden, der Erfinder und Entdecker, wollte damit eigentlich Magen-Darm-Beschwerden heilen und beobachtete nach der Verordnung von Hafersuppen bei seinen Patienten auch eine verminderte Zuckerausscheidung im Urin.
Mit der Einführung von Insulin 1921 verloren Hafertage zunehmend an Bedeutung. Erst in den vergangenen 25 Jahren erlebte Hafer wieder eine Renaissance, nachdem immer mehr über seine Wirkungen im Zuckerstoffwechsel des Körpers untersucht und bekannt geworden ist.
Aufgrund dieser überzeugenden Wirkungen empfehlen wir die Hafertage, um damit unter anderem, wie auch schon damals zu Carl von Noordens Zeiten, eine verbesserte Wirkung des Insulins an den Zellen zu erreichen.
Welche Wirkungen des Hafers stehen für Sie bei welcher Diagnose/Fragestellung im Fokus? Auf welche gesundheitsunterstützenden und ernährungsphysiologischen Wirkungen von Hafer weisen Sie besonders hin?
Wir empfehlen Hafertage vor allem Menschen, bei denen die Wirkung des Insulins an den Körperzellen nicht mehr oder weniger gut funktioniert. Man nennt dieses Phänomen Insulinresistenz und beobachtet es beispielsweise bei Menschen mit Diabetes Typ 2.
Mit Hafertagen versuchen wir, die Insulinresistenz bei den Patientinnen und Patienten zu senken und die Wirkung von Insulin, sowohl körpereigenem als auch zugeführtem, zu verbessern. Grund hierfür ist unter anderem das Beta-Glucan, ein wasserlöslicher Ballaststoff, welcher in besonders großen Mengen unter anderem im Hafer zu finden ist. Zudem enthält Hafer viele komplexe Kohlenhydrate, die den Blutzucker nach einer Mahlzeit langsamer ansteigen lassen.
Wir bezeichnen Hafer gerne als Inhaltswunder, weil er neben einem hohen Ballaststoffanteil und den komplexen Kohlenhydraten auch noch viele wertvolle Mineralstoffe und Vitamine enthält. Und damit ist die Liste noch lange nicht beendet! Alle diese guten Inhaltsstoffe können sich positiv auf Erkrankungen, wie beispielsweise Bluthochdruck, Adipositas, Fettstoffwechselstörung, und eben auch auf den Diabetes auswirken. Das Tolle am Hafer ist ja außerdem, dass er von fast jedem gegessen werden kann, häufig sogar bei Glutenintoleranz.
Haben Sie in Ihrer Beratung bereits mit den Hafertage-Broschüren von Hafer Die Alleskörner gearbeitet und diese an Ihre Patientinnen und Patienten ausgegeben?
Ja, wir kennen sowohl die Broschüren als auch die Internetseite. Beide sind sehr informativ und eignen sich hervorragend, um in die Thematik des Hafers einzusteigen. In letzter Zeit sind aber durch unsere Arbeit am Haferbuch sehr viele eigene Dinge entstanden, sowohl zusätzlich angeeignetes Wissen als auch neue Rezepte, die wir mit den Patienten teilen.
In Ihrem Buch unterscheiden Sie zwischen „strengen Hafertagen“, „gemäßigten Hafertagen“ und Ihrem Konzept der „Individuellen Haferkur“. Bitte beschreiben Sie uns die wichtigsten Punkte Ihres individuellen Konzepts!
Neben den strengen und den weniger strengen, „gemäßigten“ Hafertagen, bei welchen auch beispielsweise etwas Gemüse oder Obst erlaubt ist, empfehlen wir vermehrt die Durchführung von „individuellen Hafertagen“, die auf den persönlichen Geschmack der Patienten und Patientinnen abgestimmt, aber trotzdem effektiv sind. Bei den individuellen Hafertagen ist ihrer Fantasie und ihren Vorlieben kaum Grenzen gesetzt.
Sie verzehren auch hier drei Mahlzeiten mit jeweils 60-80 g Haferflocken, welche mit 300-500 ml Brühe oder Wasser zubereitet werden. Anstelle von Gemüsebrühe kann auch Instantbrühe verwendet werden oder Sie würzen mit etwas Salz. Die Zugabe von maximal einem Esslöffel Erythrit, Zitronensaft oder Kräutern ist auch gestattet. Ebenso dürfen Sie nach Belieben Ihre Mahlzeit mit maximal 100 g Gemüse, 50 g Beeren, 20 g Nüssen, 5 g Zartbitterschokolade (70 % Kakaogehalt) und/oder 100 ml Haferdrink abrunden. Kombinieren Sie zwei bis drei Zutaten aus dieser Liste mit Ihrem Haferbrei. Sie sehen, sogar etwas Schokolade ist erlaubt!
Wir empfehlen diese Form der Hafertage gerne, da sie auf Dauer sehr viel einfacher umzusetzen und durchzuhalten ist. Generell unterscheiden wir zwischen den verschiedenen Varianten der Hafertage und der individuellen Haferkur. Im Buch wird dazu alles genau erklärt und anschaulich grafisch dargestellt.
Was könnte gegen Hafertage sprechen?
Wir empfehlen vermehrt die individuelle Haferkur, denn diese ist auf lange Zeit gesehen einfacher umzusetzen. Bei vielen scheitert die Durchführung von Hafertagen am eintönigen Geschmack des Hafers oder an den geringen Variationsmöglichkeiten. Aus medizinischer Sicht spricht also nichts gegen die Hafertage, nur die praktische Durchführung gestaltet sich häufig als herausfordernd.
Mit „individueller Haferkur“ meinen wir eine Ernährung, die den Hafer integriert und so abwechslungsreich in die Mahlzeiten einbaut, dass Sie vom vollen „Haferpaket“ profitieren können. Hierfür haben wir fünf Strategien entwickelt, die dem Anwender helfen sollen, die besten Eigenschaften des Hafers hervorzubringen. Diese Strategien und weitere Tipps und Tricks finden Sie im Haferbuch.
Haben Sie das Buch eher für Ernährungsberatende oder für Patienten und Verbraucherinnen konzipiert?
Grundsätzlich bringt das Haferbuch für jeden einen Mehrwert, der mehr über den Hafer, seine Wirkungen und Einsatzmöglichkeiten erfahren möchte.
Natürlich ist es aber auch für die Menschen gedacht, die jetzt schon mit den genannten Krankheiten zu tun haben. Für diese lohnt es sich, mehr über den sanften Einsatz des Hafers zu erfahren. Und das ohne Nebenwirkungen, außer mehr Wissen über unser heimisches Korn!
Auf der anderen Seite kann natürlich jeder Mensch von den positiven Eigenschaften des Hafers profitieren, egal in welcher Form er verzehrt wird. Da das Buch auch einige unserer beliebten Rezepte enthält, ist es vielfältig informativ und für alle Interessierten geschrieben. Egal, ob mit Stoffwechselerkrankung oder vollkommen gesund.
Das Buch „Die Haferkur“ ist also ein Ratgeberbuch für Patienten und Verbraucher, aber auch für Ernährungsberatende, die in das Thema tiefer einsteigen möchten.
Was ist Ihr Highlight beim Hafer? Ein Produkt – ein Nährstoff – eine Wirkung?
Hier eine einzige Sache zu nennen ist eine schwere Entscheidung, denn gerade die Kombination aus den vielen guten Inhaltsstoffen des Hafers und die daraus resultierenden Wirkungen auf unseren Körper machen ihn so besonders wertvoll.
Wenn ich mich also entscheiden müsste, würde ich hier das Beta-Glucan wählen, denn es macht den Hafer so einzigartig. Dieser Ballaststoff hat zahlreiche positive Wirkungen auf den Stoffwechsel des Menschen, wie positive Effekte auf die Darmgesundheit und die blutzucker- und cholesterinsenkende Wirkung.
Das Beta-Glucan ist auch der Grund, weshalb Hafer sogar mehrere „Health Claims“, also den Nachweis gesundheitsfördernder Effekte bekommen hat, mit denen sogar offiziell geworben werden darf!
Welche Haferprodukte essen Sie persönlich und in welcher Form?
Ich persönlich esse gerne verschiedene Haferprodukte. Von den klassischen Haferflocken bis hin zu Hafercerealien ist alles dabei. Meine Lieblingshafercerealien sind die Haferfleks. Einerseits natürlich für den Crunch in der Müslischüssel, andererseits eignen sie sich für mich auch als guter Snackersatz anstelle von Chips zum Knabbern.
Haferdrink benutze ich schon lange als Milchersatz auch zum Kochen und Backen. Ich persönlich trinke beispielsweise meinen Cappuccino nur noch mit Haferdrink – Kuhmilch brauche ich dafür nicht mehr.
Meine Lieblingsgerichte aus dem Buch sind das Hafer-Quark-Brot und die Haferpizza.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Keuthage!
Das Buch "Die Haferkur für einen gesunden Stoffwechsel" kann zum Beispiel hier bestellt werden.
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